UNITY

UNiversal ITerative HYbrid Rocket

Das Universal Iterative Hybrid Rocket (UNITY) Projekt ist das aktuelle Programm der Arbeitsgruppe Experimentalraketen. Gemeinsam arbeiten wir dabei an einer Hybridrakete, die mit einer austauschbaren Payload und einem einstufigen Fallschirmsystem ausgestattet mobil gestartet werden soll. Im Kern steht dabei der iterative Entwicklungsprozess, bei dem in einer ersten Version ein sehr einfaches System entwickelt wird, auf welches schnell zurückgegriffen werden kann, um dann in den folgenden Schritten ausgefeiltere Lösungen zu finden. Während des Projektes, wird zusätzlich zur Hybridrakete Hyperion die Feststoffrakete Phoebe entwickelt. Grundsätzlich kompatibel sollen hier Subsysteme wie Fallschirm und Elektronik bereits im Flug ohne die Elemente des Hybridantriebes getestet werden. Dieser wird parallel bei Triebwerkstests am Boden getestet. Mit einer digitalen Dokumentation und Reviews versuchen wir, dem Projekt dabei einen professionellen Rahmen zu geben. Die Entwicklung wird dabei nach drei Subsystemen unterschieden.

RaketeDatumAnmerkungen
Phoebe Mk 129.10.2022Teilerfolg, Bergungssystem wurde aufgrund eines Elektronikfehlers nicht ausgelöst
Phoebe Mk 215.07.2023Start nicht möglich, Raketenmotor konnte nicht gezündet werden
Phoebe Mk 227.01.2024Start nicht möglich, Raketenmotor konnte nicht gezündet werden
Phoebe Mk 203.02.2024Erfolg, Bergungssystem wurde ausgelöst
Starthistorie des Projekts UNITY

Hybridantrieb

Der für Hyperion verwendete Hybridantrieb wird durch die SG Antriebe entwickelt. Hybridantriebe verwenden einen festen Treibstoff und flüssigen Oxidator. Diese Bauweise ermöglicht es, einige positive Eigenschaften von Feststoffantrieben und Flüssigtriebwerken miteinander zu kombinieren. Somit sind Hybridantriebe einfacher im Aufbau als Flüssigtriebwerke, können aber je nach Treibstoffkombination eine ähnlich hohe Effizienz erreichen und sind im Gegensatz zu Feststoffantrieben regelbar und deutlich sicherer.

Das entwickelte Hybridtriebwerk HYDRA 5 verwendet eine den festen Brennstoff HTPB (Hydroxyl-terminiertem Polybutadien) in Kombination mit dem flüssigem Oxidator Distickstoffmonoxid (Lachgas). Das fertige Triebwerk soll einen Schub von bis zu 1500 N produzieren und einen Totalimpuls von 12,5 kNs aufweisen.

Der komplette Hybridantrieb besteht aus Oxidatortank, Hauptventil und Brennkammer. Um ein möglichst leichtes Triebwerk zu bauen wird die Brennkammerhülle aus Kohlenstofffaserverstärkten Kunststoff (CFK) gefertigt. Als Struktur und Isolation im Inneren der Brennkammer wird Hartpapier verwendet. Für Triebwerkstests am DLR Standort Trauen wird eine Brennkammer aus Stahl verwendet, die einen schnellen Wechsel des Triebwerks und somit mehrere Tests hintereinander ermöglicht.

Nach einem ersten Brenntest des neuen Triebwerks beim DLR in Trauen wird aktuell an der zweiten Iteration des Triebwerks gearbeitet, die im Frühling 2023 getestet werden soll.

Elektronik­systeme

Die elektrischen Systemen inner- und außerhalb der Experimentalrakete werden durch die SG Elektronik bereitgestellt. Ganz im Zeichen des UNITY Projekts wird ein großer Wert auf die universelle Einsetzbarkeit und leichte Iterierbarkeit gelegt. Dieses Konzept spiegelt sich insbesondere im Stack-Aufbau der neuesten Elektronik wider.

Aufgaben wie Spannungsversorgung, der Flugcomputer oder das Senden von Telemetriedaten werden nicht von einer, sondern von mehreren dedizierten Platinen übernommen. Der Stack besteht aus standardisierten Platinen, die in beliebiger Konfiguration zusammengesteckt werden können. Die Kommunikation der Platinen und das Bereitstellen von Infrastruktur erfolgt hierbei über den ERIG Bus (ERBus). Dieser stellt das Herz der Rakete da. Dieser verteilt Spannung und Daten durch die gesamte Rakete und ermöglicht das leichte Hinzufügen neuer Komponenten. Die festgelegte Pinbelegung ist hierbei minimal und bietet Raum für Erweiterung und spezielle Nutzlasten.

Die Power Supply Unit (PSU) stabilisiert die Eingangsspannung der redundanten Batterien und bietet durch ein schaltbares Relais die Möglichkeit, die gesamte Elektronik der Rakete abzuschalten. Dies ermöglicht das Ausschalten der gesamten On-Board-Elektronik via eines Umbilicals. An bestimmten Startplätzen ist dies eine Sicherheitsbestimmung.

Der Rocket System Stalker (RSS) bietet die Möglichkeit, Signale und Ereignisse auf dem ERBus zu überwachen. Diese werden zusammen mit den Daten einiger Sensoren per Funk an eine Bodenstation gesendet.

Bisherige Raketen der ERIG sind mit gekauften Flugcomputern geflogen, was immer wieder zu Einschränkungen beim Auslesen von Daten und dem Hinzufügen von Funktionen geführt hat. Um dies zu verbessern, wird im Rahmen des UNITY Projektes der eigene Flugcomputer ICARUS (Interconnected Avionics for Recovery of Unmanned Systems) entwickelt. Das System soll die Verfolgung von Raketen oder anderen unbemannten Flugkörpern in Echtzeit sowie das Auffinden von Raketen oder Flugkörpern schneller und präziser machen. Zusätzlich erhalten wir mit der Entwicklung unseres eigenen Flugcomputers Zugriff auf alle während des Fluges generierten Daten. In erster Instanz stehen drei Systeme im Fokus. Zum einen der Flugcomputer an sich, welcher eine erfolgreiche Bergung der Rakete gewährleistet. Ein zweites Kommunikationsmodul soll Telemetrie an eine Bodenstation senden. Das dritte Modul ermöglicht der Rakete das Bestimmen ihrer Position mithilfe von GPS. Langfristig werden weitere Module mit Sensoren für Redundanz, ein Modul für das Starten von Triebwerken und ein Interface für eine experimentelle Payload entwickelt.

Raketenstruktur und Bergungs­system

Entwicklung und Bau der Raketenstruktur und des Bergungssystems wird durch die SG Raketensysteme übernommen. Die Struktur der Rakete besteht aus einzelnen Segmenten. Diese bestehen aus selbst laminierten Kohle- oder Glasfaserrohren, in deren Enden Verbindungsringe eingeklebt werden. Diese dienen zur Verschraubung der einzelnen Segmente. Die gesamte Rakete besteht aus fünf bzw. sieben solcher Segmente mit verschiedenen Längen.

Ganz oben ist die Spitze. Sie sorgt durch ihre aerodynamische Form für möglichst geringen Luftwiderstand. Unter der Spitze befindet sich das Nutzlast-Segment, gefolgt vom Elektronik-Segment. Wenn die Elektronik den höchsten Punkt der Flugbahn erkannt hat, sendet es den Befehl zum Fallschirmauswurf an das darunter liegende Bergungs-Segment. Das Bergungssystem besteht aus zwei gleichen unabhängigen Auslösemechanismen, welche ober- und unterhalb der Kapsel des Fallschirms liegen und einer seitlichen Auswurfklappe. Ausgeworfen wird der Fallschirm durch mit Servomotoren gespannten Gummiringen. Diese sorgt für Redundanz und schützt somit vor mechanischen Versagen einer der Auslösemechanismen oder einem Fehlschlagen der Apogeums-Erkennung. Der zweite Mechanismus wird nach einer vor dem Start berechneten Zeit, wenige Sekunden nach dem Apogeum, ausgelöst. Das unterste Segment der Rakete ist das Antriebssegment mit seinen zwei Konfigurationen. Zum einen die Hybrid-Variante, diese ist noch einmal in Tank-Segment, Ventil-Segment und Triebwerk aufgeteilt. Zum anderen die Feststoff-Variante, welche verschiedene Größen von Feststoff-Raketenmotoren aufnehmen kann. An der Außenseite des Antriebssegments sind austauschbare Leitwerke zu finden, die je nach gewählter Konfiguration für die optimale Stabilität der Rakete sorgen.